Page 2 - Limmattaler Woche - KW 36 - 2022
P. 2
SEITE 2 DIENSTAG, 6. SEPTEMBER 2022
FORTSETZUNG
«Service public
wird gestärkt»
Mit spitzer Feder … Einen besonderen Aspekt hob
glp-Nationalrätin Kathrin Bert-
schy an der Medienkonferenz
der Befürworter hervor. Von der
Die Ehe – Reform der Verrechnungssteuer
profitiert der Service public.
Die Referendumsführer spre-
ein Auslauf- chen gerne von Konzernen. Am
Schweizer Anleihenmarkt ma-
modell? chen klassische Unternehmen
und Konzerne aber weit weni-
ger als die Hälfte aller Obligatio-
nen aus. Kathrin Bertschy: «Ins-
besondere verbessern sich auch
Bereits mit sechs Jahren wusste tungsfähigkeit eines Paares tat- die Bedingungen für den nach-
ich: Ich werde nie heiraten. Nun, sächlich. Historisch gesehen ist haltigen Umbau unserer Wirt-
ich hatte nicht gerade gute Vor- die Ehe vor allem eins: Eine wirt- schaft und Infrastruktur. Der Bilder: pd
bilder. Als ein liberaler, kinderlo- schaftliche Vereinbarung. Die Lie- Service public wird gestärkt. Bundesrat Ueli Maurer betont die positiven Effekte der Reform der Verrech-
ser Freigeist sträubt sich alles in besheirat gibt es erst seit etwa Ganz besonders profitieren das nungssteuer für den Staat und die Wirtschaft.
mir, einen solchen Vertrag einzu- 150 Jahren. Im Zuge der Indust- Gesundheitswesen, der öffent-
gehen und sich in solche Abhän- rialisierung verlor die Ehe als wirt- liche Verkehr und der Energie- Reform der Verrechnungssteuer spielsweise verschiedene Spi-
gigkeit zu begeben. Liebe und schaftliches Arrangement ihre sektor.» auch vom Spitalverband H+ be- täler im Kanton Zürich wie das
Geborgenheit kann ich mir selber gesellschaftliche Relevanz. Um fürwortet. Eine ganze Reihe von Kinder- und das Universitäts-
geben und ich benötige nieman- die Institution weiter attraktiv zu Günstigere Finanzierung für Spitälern hat in den letzten Jah- spital. Nimmt man die Zahlen
den, der mich vergöttert und mir halten, fingen Menschen an, von Spitäler und ÖV ren für Neu- und Erweiterungs- der Eidgenössischen Steuer-
einen Ring an den Finger steckt, Liebe zu sprechen. Die Ehe wird Profitieren können beispiels- bauten am Kapitalmarkt Geld verwaltung als Basis, könnten
der mich immer daran erinnert, oft dann zum Problem, wenn sie weise Spitäler. Deshalb wird die aufgenommen. Darunter bei- alleine die Spitäler im Kanton
dass ich ja eigentlich ein Verspre- geschieden werden soll – vor al- Zürich mit einem Anlagevolu-
chen mit Verpflichtungen abge- lem für Frauen. Die Frau gibt ihre men von über 1 Milliarde Fran-
geben habe, die ich vielleicht gar Identität auf und wechselt zum ken bei künftigen Anleihen pro
nicht einhalten kann – denn das «Stamm» des Mannes. Jahr rund 1,5 Millionen Fran-
Leben ist oftmals unberechenbar. ken Zinskosten sparen. Gerade
Ein Grund, um zu heiraten, ist für Klar ist: Heiraten ist eine paradoxe im Gesundheitswesen sind sol-
mich, wenn ein Paar gemeinsam Sache geworden. Die Brautleute che Einsparungen höchst will-
Kinder adoptieren möchte. Zur geloben einander zwar ewige kommen. Auch vor dem Hinter-
wirtschaftlichen Absicherung von Liebe, Treue und Beistand, gleich- grund der ganzen Kosten- und
Hausmännern oder Hausfrauen zeitig wissen sie aber, dass sie ei- Prämiendiskussionen. Zudem
ist die Ehe seit einem Bundes- gentlich nicht aufeinander zäh- profitieren auch der öffentliche
gerichtsurteil von Anfang dieses len können. Zusammen Pläne Verkehr und die Energiewirt-
Jahres nicht mehr geeignet. Der schmieden ist gut, die eigenen fi- schaft, wo viele Investitionen
Zuhausegebliebene hat keinen nanziellen und beruflichen Inter- für den Umbau der Energiever-
Anspruch mehr auf den Erhalt essen im Blick haben ist besser. sorgung anstehen.
des ehelichen Lebensstandards: Das Ich zählt mehr als das Wir. Insgesamt ist klar: Die Reform
Zudem gibt es viele Leute, für Ich würde sogar meinen, dass der Verrechnungssteuer ist
die die Ehe ein Verlustgeschäft der von Heiratswilligen meistge- überfällig und hat viele Vorteile.
ist, Stichwort «Heiratsstrafe» bei nannte Grund für eine Ehe der Wenn wir hingegen nichts tun,
Bundessteuern und der AHV. schlechteste ist, nämlich: Liebe. Auch glp-Nationalrätin Kathrin Bertschy unterstützt die Reform aus Überzeu- wandert noch mehr Geschäft
Eine Ehe ist vor allem eins: ein gung, denn es profitieren öffentliche Hand und Service Public gleichermassen. und Steuereinnahmen ins Aus-
Sicher – die Ehe hat eine lange Vertrag, der zwei Menschen dem land ab.
Geschichte und Tradition. Früher Staat gegenüber verpflichtet, Ver-
liess sie sich damit begründen, antwortung füreinander zu tragen.
dass sie für stabile Verhältnisse Und ein Vertrag ist nun wirklich al- Eine Gemüsegärtnerin und acht Gemüsegärtner
sorgte und die Sexualität in ge- les andere als romantisch. Es ist
ordneten Bahnen lenkte. Die Ehe aber gerade diese Romantisie- kämpfen um den Meistertitel
sei die Verbindung zweier Perso- rung, die tabuisiert, dass wir Pro-
nen «zum wechselseitigen Besitz bleme, die mit der Institution Ehe
ihrer Geschlechtseigenschaften», zusammenhängen, ansprechen Die Gemüsebranche nimmt kämpfen in Ried und in Bern
meinte vor mehr als zweihun- und schliesslich lösen können. zum zweiten Mal am grössten 12 Teilprüfungen abgelegt. Von
dert Jahren, ganz nüchtern, Im- Soll man die Ehe abschaffen? Berufswettkampf der Schweiz Pflügen und Säen über Gurken Der Verband Schweizer Ge-
manuel Kant. Die Ehe war der si- Wäre ich Königin, ich würde es teil. 8 junge Männer und eine pflegen, Radieschen ernten und müseproduzenten (VSGP)
chere Raum, um Nachwuchs zu sofort tun, es wäre ehrlicher. Der junge Frau kämpfen Anfang Marktstände aufbauen. Die Auf- ist seit 1932 die Berufsorga-
zeugen und aufzuziehen. Dabei Gedanke mag für einige reizvoll September 2022 in Bern um gaben decken also eine ganze nisation der Schweizer Ge-
war der Mann der Ernährer, der sein, doch letztlich ist er Spiele- den Titel Schweizermeister/in Palette an vielseitigen Arbeiten müseproduzentinnen und -
für die Familie zu sorgen hatte. rei. Denn die Ehe ist nach wie vor Gemüsegärtner/in EFZ. ab, um eine würdige Schweizer- produzenten. Er vertritt die
Heute lässt sich die Ehe nicht das bevorzugte Lebensmodell meisterin oder einen würdigen Interessen aller Frisch-,
mehr auf diese Weise legitimeren. und jetzt da die Homo-Ehe Reali- Für die diesjährigen nationalen Schweizermeister zu küren. Lager- und Verarbeitungs-
Der Mann ist definitiv nicht mehr tät ist, voll im Trend. Für die meis- Berufsmeisterschaften in Bern Die Berufsbildungskommission gemüseproduzenten, un-
der Ernährer der Frau. Für Kinder ten jungen Frauen und Männer haben sich im Beruf Gemüsegärt- des Verbandes Schweizer Ge- abhängig von ihrer Pro-
spielt es rechtlich gesehen keine ist das Jawort im Leben fest ein- ner/in eine Frau und acht Män- müseproduzenten möchte mit duktionsweise. Für seine
Rolle, welchen Zivilstand ihre El- geplant, man will sich verlieben, ner angemeldet. Vom 8. bis am der erneuten Teilnahme an den
tern haben, eheliche und unehe- verloben und verheiraten – auch 10. September machen sie – wie SwissSkills den Stolz der jungen 2'000 Mitglieder engagiert
liche Kinder sind einander gleich- wenn die Scheidungsrate bei 40 85 andere Berufe – den Titel des Gemüsegärtnerinnen und -gärt- er sich stark in den Berei-
gestellt. Für ein Leben in Liebe Prozent liegt. Inhaltlich verliert die Schweizer Meisters/der Schwei- ner für ihren Beruf fördern. Und chen Markt, Politik, Be-
ist keine staatliche Anerkennung Ehe zwar mehr und mehr an Be- zer Meisterin untereinander aus. natürlich sollen die SwissSkills rufsbildung, Anbau, Kom-
nötig, das Zusammenleben der deutung und auch rechtlich spielt interessierten Jugendlichen den munikation und Marketing,
Paare und die Vorsorge lassen sie voraussichtlich nur noch eine Teilwettbewerb im August vielfältigen Beruf des Gemüse- um die Positionierung von
sich auch durch private Abma- ungeordnete Rolle. Doch als Die Wettbewerbsteilnehme- gärtners näherbringen. Es wer- Schweizer Gemüse zu stär-
chungen regeln. Und bei Steuern Symbol für Romantiker, die auf rin und -teilnehmer traten be- den dieses Jahr wieder 120'000 ken. www.gemuese.ch
und Sozialversicherungen wäre die Ewigkeit schwören und der reits Mitte August auf dem Be- Besucherinnen und Besucher in
es ohnehin sinnvoller, man würde ganzen Welt ihre Verbundenheit trieb Gutknecht Gemüse in Ried Bern erwartet. pd
nicht am Zivilstand, sondern am zeigen wollen, ist sie nicht weg- b. Kerzers zu einem Teilwett-
Vorhandensein von Kindern an- zudenken. kampf mit 6 Prüfungen an. Hier Die Kandidaten: Dustin Herkner (Eschenz), Elija Gutknecht (Ried b.
knüpfen – denn anders als bloss konnten auch praxisnahe Auf- Kerzers), Lars Rasi (Gempenach), Lou Berry (Delémont), Luca Gendre
Eheschluss beeinflussen Kinder Herzlichst, Ihre Corinne Remund gaben mit Maschinen oder im (Ballens), Michael Haab (Wädenswil), Nicole Schneider (Frutigen), Si-
die Lebensgestaltung und Leis- Verlagsredaktorin Gewächshaus geprüft werden. mon Fankhauser (Agriswil), Sven Etter (Ried b. Kerzers)
Insgesamt werden mit den Wett-